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Wolfgang Bauer lässt das TiB scheitern


Erster und auch heißest erwarteter Höhepunkt im steirischen herbst: die Wolfgang Bauer-Uraufführung "Foyer", realisiert vom Theater im Bahnhof. Dementsprechend hoch waren auch die Erwartungen an diesen Theaterabend in der Helmut-List-Halle - doch dementsprechend lang auch die Gesichter nach der Vorstellung.
Denn Bauer/TiB hat nicht funktioniert - so schwer das auch zu fassen sein mag. Das Scheitern liegt nicht an der Geschichte, denn die Story vom Autor, der zu spät zur Premiere seines autobiographischen Stückes kommt, ist äußerst reizvoll. Bietet Platz und bietet auch vielerlei Skurilitäten Absonderlichkeiten, Zynismen.
Das Scheitern liegt auch nicht an der Herangehensweise des TiB-Teams. Die Regisseurinnen Monika Klengel und Pia Hierzegger gehen durchaus subtil, in guter alter und oft famoser TiB-Manier an die Geschichte heran, schmücken die Szenerie mit sehr charmanter Ironie und erwecken zu Beginn auch nicht den Eindruck, für einen langatmigen Bühnenabend zur Verfügung stehen zu wollen. Doch das Scheitern liegt im Stück, besser gesagt: in Teilen des Stückes. Denn was über weite Strecken liebenswert-skuril wirkt, auch unaufgesetzt, fällt im letzten Teil plötzlich ins bodenlos Platte. Denn - aus welchem Grund auch immer - hatte sich Wolfgang Bauer entschlossen, sein neues Stück nicht ohne aktuelle politische Einflüsse beenden lassen zu können und schrieb, anscheinend nach dem Motto "Wenn schon Politik, dann Weltpolitik", ohne ersichtlichen Grund die Rolle des US-Präsidenten George W. Bush, im Stück verkörpert durch Schistar Hermann Maier hinein, und drängt seinen Hauptakteur den Dichter dazu, eine Ego-Transplantation mit ihm durchzuführen. An dieser Stelle reisst der Faden des Stückes und zieht es als ganzes buchstäblich an den Abgrund. Es dominieren billigste Kalauer auf Schulschikurskabarett-Niveau und platte Attitüden, mit denen die Theater im Bahnhof-Mannschaft weder zurande kommt noch eine rechte Freude damit hat.
Die dumpf-desaströse letzte halbe Stunde von "Foyer" zerstört eben dieses - und macht auch manchen Hoffnungsschimmer zunichte, dass die zuvor aufgetauchten und fein gesetzten Tiefsinnigkeiten zu einem tough-clouigen Ende führen hätten können. Bauer muss sich dem Vorwurf aussetzen, dass seine Art des Inhaltübermittelns längst von gestern ist, er vermag es weder zu schockieren, noch zu unterhalten und unterm Strich auch nicht zum Nachdenken anregen. "Foyer" ist alles in allem ein einfaches Theaterstück, das der Zuschauer schon schnell wieder vergessen haben wird. Nachdem er sich vorher über die vergeudete Zeit geärgert hat.
Der magere Schlussapplaus ist vor allem für das Theater im Bahnhof bitter. Doch das TiB hat getan was es konnte, stieß aber an seine (natürlichen) Grenzen. TiB-Mittel können einen Bauer nicht mehr retten. Gute Regieeinfälle (einzig die Überlänge des Stücks darf man dem Duo Klengel/Hierzegger ankreiden - wohl wissend, dass Textkürzungen gerade bei Uraufführungen immer mit starken Konflikten einher gehen), eine hervorragende Rollenzeichnung (allen voran die Gardarobiere, die Kassafrau und auch der Barkeeper) und immer wieder auftauchender Pepp können sich gegen die Bauersche Holzhammermethodik nicht durchsetzen - und es bleibt ein "bemüht, aber gescheitert".
So bleiben positiv nur einige Darsteller in Erinnerung (die sich aber allesamt auch mit den ungewohnten Mikrophonen und der damit verbundenen ungewohnten Akustik herumschlagen mussten): Lorenz Kabas verkörpert den Dichter Charlie Dodler sehr glaubwürdig und originell, Martina Zinner und Juliette Eröd spielen in bester TiB-Art und Weise genauso wie der schmudelige Rupert M. Lehofer als schon toter Kritiker.

Bernd Hadler

erschienen in:
Klipp, 13. 10. 2004