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Die Krise als produktiver Auftrag
Freud und Leid eines "herbst"-Intendanten - Peter Oswald ist froh, seinen Vertrag um ein Jahr verlängert zu haben


Die List-Halle erwies sich als tückisch: "herbst"-Intendant Peter Oswald. Graz - Seine Entscheidung, den Vertrag nur um ein Jahr, also bis 2005, zu verlängern, sei, sagt Peter Oswald sichtbar erleichtert, die einzig richtige gewesen. Denn wenn er sich bereit erklärt hätte, die vollen vier Jahre, die man ihm angeboten hatte, Intendant des steirischen herbstes zu bleiben, "hätten sie mich weiter in ihren Fängen gehabt".
Oswald gesteht ein, blauäugig gewesen zu sein, will aber nicht allein schuld am Desaster sein: "Alle wollten die Halle." Sein wiederholtes Flehen, den herbst aus dem Vertrag zu entbinden, fruchtete nichts: Oswald war mitunter nahe dem Nervenzusammenbruch. Doch letzte Woche designierte das Präsidium, das den Zehnjahresvertrag abgeschlossen hat, die Dramaturgin Veronica Kaup-Hasler zur Nachfolgerin. Da sie dieses Erbe nicht anzutreten bereit ist, muss die Kulturpolitik nun tatsächlich eine Lösung finden.
Sie dürfte einhergehen mit einer neuen Struktur für den herbst: Aus dem Verein, der das Festival über eine Veranstaltungsgesellschaft abwickelt, soll eine GmbH werden, an der die Stadt und das Land Steiermark entsprechend ihrer Subventionen im Verhältnis 1:2 beteiligt sind.
Samt den 550.000 Euro des Bundes kommt Oswald zwar auf ein Gesamtbudget von knapp drei Millionen Euro. Aufgrund der Halle und den 2003 gemachten Schulden stehen für das diesjährige Programm aber nur 1,1 Millionen zur Verfügung. Was man diesem, meint Oswald, nicht anmerke, auch wenn das Motto "Krise ist immer" treffend den herbst-Zustand beschreibt. Aber man kann die Krise auch positiv sehen - "als produktiven Auftrag", wie der Intendant doppeldeutig erklärt: "Eine Entscheidung ist fällig, aber noch nicht gefallen."
Die Eröffnung samt Fest (um 19 Uhr mit einer Rede von Doron Rabinovici) findet am 7. Oktober in der List-Halle statt, tags darauf folgen mehrere große Es geht um jene Halle am Stadtrand von Graz, die im Zuge des Projekts Kulturhauptstadt 2003 realisiert wurde: Der Bauherr hatte sich die Errichtung von der öffentlichen Hand nicht nur massiv subventionieren lassen, er forderte auch eine auf zehn Jahre unkündbare Vermietung. Und der herbst, auf der Suche nach einer fixen Bleibe, sprang ein. Was sich als finanzielle Katastrophe herausstellte: Dem Festival gelingt es nicht (wie absehbar war), unter dem Jahr genügend Untermieter zu finden. Und so produziert es einen jährlichen Abgang von 550.000 Euro (davon 84.000 Euro für die geleaste Einrichtung), was sich auf das Programmbudget auswirkt. Ausstellungen, darunter die von Peter Pakesch und Peter Weibel kuratierte Schau Bewegliche Teile über Formen des Kinetischen (Maschinen u. a, von Tinguely, Nauman, Eliasson).
Am Samstag beginnt die Programmschiene Third Places - Fußball, Video-Games und Musik-Clips, zudem wird Wolfgang Bauers Foyer, inszeniert vom Theater im Bahnhof, uraufgeführt: wie schon Kantine (1993) ein doppelbödiges Spiel im Theater. Aus der Taufe gehoben werden auch . . . ce qui arrive . . . von Olga Neuwirth zu einem Text von Paul Auster (21. 10.), junk space von Kathrin Röggla (29. 10.) und manch anderes.

Thomas Trenkler

erschienen in:
Der Standard, 29. 09. 2004