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Der "steirische Herbst" ist eröffnet
"Alles ist möglich und tout est mort" betitelte Komponistin Olga Neuwirth ihre Eröffnungs-rede für den "steirischen herbst" in der Grazer Oper. Lesen Sie hier einige Auszüge daraus.


Ich bin keine Schriftstellerin, meine Sprache ist die Musik. Sie werden daher Reflexionslinien zu hören bekommen. Diese halte ich für nützlich in westlichen Ländern, die zunehmend zu Bienenstöcken mutieren und ihre Bewohner zu gierig herumsummenden Bienen, die nichts anderes mehr im Sinn haben als Gold einzusammeln. In solchen Ländern existiert aber doch auch noch jene Art geistiger Vagabunden und Abenteurer im Kopf, auf die man zu Unrecht herabblickt. Nämlich: die Taugenichtse, Philosophen, Musiker, Dichter, Architekten, bildenden Künstler und Erfinder. Diesen Taugenichtsen verdanken wir doch das, was wir Zivilisation nennen.

Meine taumelnde Generation, die sich nach dem Niederreißen von Tabus in den Künsten und in der Gesellschaft sehnt, kommt immer zu spät, denn die Tabus wurden bereits von den vorangegangenen Generationen gebrochen, die heute ihren festen und sicheren Status in der Gesellschaft haben... Unsere Generation der 35-jährigen muss sich um alles selber kümmern: Alle vertrauten Sicherheiten sind weg, alle Töpfe sind leer und Pensionen werden ihr sicher auch keine mehr ausgezahlt werden. Aus diesen und anderen Gründen zweifelt sie häufig an sich, weil sie sich als eine durchgefallene Generation fühlt.

Dennoch: Unsere Generation steht für Suche, für Orientierungslosigkeit in Kunst, Gesellschaft und Privatleben. Vielleicht ist unsere Generation auch die Zustandsbeschreibung eines Eindringens in den Bereich des konkreten und abstrakten Unsagbaren. . . Ist das unsere Chance? Wir nehmen einen bestimmten Ort ein, können aber auch die Orte wechseln und daher beweglich sein. Diese Bewegung ist, positiv gesehen, eine Grenzüberschreitung, da wir genötigt werden, den Übergang zu denken und zu leben.

Vielleicht sind wir die erste Generation, die ohne Ausrichtung auf eine ideologische Schule zu arbeiten vermag. Nehmt euer Leben selbst in die Hand, ist die Devise. Stets ohne Boden zu existieren, ist aber auch irritierend. Genau diese Krise des Nicht-Wissens-Wohin in allen künstlerischen Disziplinen steht im Mittelpunkt meines Interesses.

In der zeitgenössischen Musik, die am Rande der Gesellschaft steht, braucht man sich nicht mehr vor Schönberg als einer Art Moses zu hüten. Der Tanz um das goldene Kalb ist bereits in vollem Gang. Wir sind in einer Welt der gehypten Gegenständlichkeit und des Starmania-Kults meist die ersten Opfer eines nur noch auf Effizienz ausgerichteten Denkens. Eine nur noch auf die wirtschaft liche Not reagierende Kulturpolitik versucht sich dem Massengeschmack anzupassen und somit Individualität zu unterdrücken.

Die "Peitsche des Marktes" schlägt in der Kunst genauso wild zu wie in der Wirtschaft. Die ökonomische Frage wurde in den vergangenen Jahren nicht nur in der Politik zur Hauptfrage hochstilisiert, sondern tritt nun auch in der Kunst an die erste Stelle. . . Ist eine Musik besser, wenn sie von 50.000 Menschen gehört wird und den Menschen die von ihr immer wieder geforderte Funktion einer alles verbindenden Schicksalsgemeinschaft vorspiegelt? Für mich kann der Sinn von Musik nicht darin liegen, Menschen mit Verheißungen einer alle Grenzen überbrückenden Gemeinsamkeit einzulullen und gefügig zu machen.

Der Vollständigkeit halber muss ich allerdings erwähnen, dass das so genannte Kunst- und Musikbusiness ein riesiges Haifischbecken ist, in dem ständig gekämpft und weggebissen wird und eine alles überdeckende schlechte Laune herrscht. Natürlich weiß ich, dass die eigene Musik geradezu marginal ist im Vergleich mit den großen Problemen auf der Welt, und dass wir mit zeitgenössischer Musik keine besseren Menschen kreieren können. Leider.

Wenn man alles Menschliche in quasi-vernünftige Normen zwingen will, um Visionen abzutöten, dann will man letzten Endes die Erstarrung des lebendigen Geistes. . . Auch die Illusion darf nicht zu kurz kommen, ich zitiere aus Leopardis Zibaldone: "Um große Taten zu vollbringen, die kaum anderem entspringen können als der Illusion, reicht es gewöhnlich nicht, die Phantasie zu täuschen, es bedarf vielmehr einer Täuschung der Vernunft".

erschienen in:
Kleine Zeitung, 20.09.2003   http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/kultur/artikel/_559940/index.jsp