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Der Psychodreh im Kopf
Graz ist Kulturhauptstadt, und kontroverse Diskussionen beleben bekanntlich. Die Grazer taten also gut daran, "Lost Highway" als Musiktheater aufzuführen.


Die Tage der europäischen Kulturhauptstadt Graz sind gezählt, die Kunst im öffentlichen Raum wird so langsam zusammengepackt. Was wird bleiben? Der visionäre Steg über die Mur, der auf sein erstes mitreißendes Hochwasser wartet? Ein neues Kunsthaus vom Stern Acryl, das sich architektonisch so wichtig nimmt, dass die Kunst nur zum zweitrangigen Ereignis werden kann? Sicherlich auch Erinnerungen an die kontrovers diskutierte Uraufführung von "Lost Highway". David Lynchs einzigartiges Zelluloidwerk zwischen Mystery-Streifen und Film noir wurde als Auftragswerk des Festivals "Steirischer Herbst" zur vom Premierenpublikum enthusiastisch gefeierten Filmoper.

  Bereits vor drei Jahren hatte die aus Graz stammende Komponistin Olga Neuwirth mit der Arbeit begonnen und Elfriede Jelinek, ihre Schwester im Geiste, als Librettistin mit ins Boot genommen. Das Ziel: Lynchs absurden Thriller in ebenso vielschichtige Musik zu packen. Als Regisseur konnte für diese Koproduktion mit dem Theater Basel Joachim Schlömer gewonnen werden, der, ganz Praktiker und Ästhet, zunächst die im Libretto vorgegebenen Videosequenzen reduzierte oder lieber gleich theatralisch umsetzte.

  Gut so, denn so kann dieser "Lost Highway" in einem verschachtelten Niemandsland der Sehnsüchte doch sein surreales Eigenleben entwickeln. Die Bühne wird zum Gefängnis, der Jazztrompeter Fred Madison verwandelt sich nach dem unmöglichen Mord an seiner Frau nicht nur in Pete, den Mechaniker, er verliert sich auch in seiner eigenen Gedankenwelt aus phobischen Ängsten, Midlife Crisis und sexuellen Tagträumen. Das Leben ein Drink, eine Schlaftablette, ein orgiastisches Autorennen, ein Blutrausch, ein Gefängnis. Lost Highway, Ausfahrt Einsamkeit, nächste Abzweigung Irrsinn. Wer oder was bin ich und warum überhaupt? Kafkaeske Dimensionen und Männerträume in unterkühltem Englisch und ebenso frostig in Szene gesetzt. Eingehüllt in Olga Neuwirths Klangwelten, glänzend gespielt vom Klangforum Wien unter der Leitung von Johannes Kalitzke und unterstützt von Sounds des Grazer Instituts für elektronische Musik.

  Ein wenig ausgelutscht und zur Schmerzgrenze getrieben die durch Effektgeräte gejagten Stimmen der Akteure. Olga Neuwirths Komposition wird dagegen zum Soundtrack, der, sphärisch untermalt, zur Spitze treibt, einem die Luft zum Atmen rauben will oder mit Disco-Klängen zwischen schrägen Streichern die Füße des Publikums in Bewegung setzt.

  Zappas gelber Hai

  Aus dem Off singt Lou Reed, und dann und wann scheint jeden Moment Zappas gelber Hai um die Ecke zu schwimmen. E-Musik irgendwie, sogar jazziger Drive darf sein. Alles möglich auf diesem "Lost Highway", der in der zweiten Hälfte vom Musiktheater zur Oper wächst. Beeindruckend Georg Nigl als Pete und Constance Haumann in der Doppelrolle der Renée und Alice, grandios David Moss, der stimmgewaltig seine Emotionen herauswürgende Mr. Eddy. Das Trumpf-Ass dieses Abends.

  Nach dem Stück war vor dem Stück. Was darf Oper, wie viel Film muss sein, braucht es das neue Genre Filmoper wirklich? Eins einte Kritiker und Jubelnde. Sie hatten Lust, den Film von David Lynch baldmöglichst wieder zu sehen. Oder vielleicht doch diese Oper?

Udo Eberl

erschienen in:
Südwest Presse, 05. 11. 2003   http://www.suedwest-aktiv.de/landundwelt/feuilleton/artikel856692.php