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Vertonte Rätselräume
Uraufführung von Olga Neuwirths Musiktheater "Lost Highway" in der Helmut-List-Halle beim steirischen herbst


Graz - Wenn man schon dessen Nähe sucht, kann man sich gegen einen suggestiven Film ästhetisch wahrscheinlich nur mit einem anderen "Film" zur Wehr setzen. Komponistin Olga Neuwirth hat das wohl gespürt und Entsprechendes vorgehabt. Liest man das Textbuch zu ihrem Musiktheaterprojekt Lost Highway und vor allem jene zwischen den Dialogen (die David Lynchs Lost Highway-Film entnommen sind) eingebauten Anweisungen, kann man sich schwer des Eindrucks erwehren, hier hätte eine audiovisuelle Welt mit Ton-Bild-Mitteln entstehen und dem Film Paroli bieten sollen.
Aus welchen Gründen auch immer, auf dem Proben-Highway muss da nicht alles, aber sehr vieles an Video-Bild-Ideen verloren gegangen sein . . . Die Folgen sind bei dieser Uraufführung in der Helmut-List-Halle jederzeit spürbar, zumal man das Drehbuch gleichsam zum Libretto gemacht, ja selbst die räumlichen Filmgegebenheiten mit ihrer düster-bedrohlichen Eleganz durch labyrinthartige Schummrigkeit nachzustellen versucht hat.
So erzählt dieses Musiktheater, da man die Lynch-Vorlage nicht vergessen kann, auch von der Macht des Films, vom Verhältnis zweier Genres, und wirkt mitunter wie ein Film, dem man die Haut abgezogen hat. Andererseits führt die Konzentration auf die Theaterfiguren im Verbund mit der Musik auch zu intensiven Momenten einer seltsamen, schwer aufzulösenden Rätselstory zwischen Wirklichkeit und Wahn.

Die Mutation
Wenn Fred (solide Vincent Crowly), von rasenden Kopfschmerzen geplagt, zur Mutation ansetzt und in der Gefängniszelle zu Pete wird, erreichen Körpersprache und elektronisch verfremdete Sprache eine intensive Symbiose, die das Musiktheater seine Berechtigung und Identität finden lässt.
Auch der wüste, sich zersetzende Gewaltmonolog von Mr. Eddy (grandios David Moss), der hier sein Opfer nur verbal zu züchtigen scheint (im Gegensatz zum Film), während das Opfer sich ohne Gewalteinwirkung auf dem Boden windet, führt zu einer intelligenten, eigenständigen Neuinterpretation einer Filmszene.
Überhaupt ist ein Mangel an musikalischen Ideen bei Neuwirth nicht zu verzeichnen; zumal dort nicht, wo sich die Musik extrovertiert gibt. Ungemein farbenreich entwickelt sich das klangliche Geschehen um eine beunruhigenden Basisstimmung, ein tiefes Brummen, das auch an den Film gemahnt.
Das konzentriert agierende Klangforum Wien unter Johannes Kalitzke hat eine ambivalente Welt zu betreuen, in der Jazziges (Saxofonist Fred ist hier zum Trompeter geworden) und sogar funkige Disco-Riffs stilisiert eingeschmolzen werden. Neuwirth setzt auf Überlagerungen, auf Mehrschichtigkeit, auf nervöses Aufbäumen - verstärkt durch Tonbandzuspielungen (z. B. Lou Reed) und computerunterstützte Verzerrung von Klang und Stimme.

Lyrisch und weich
Im ersten Teil wird nur gesprochen, im zweiten auch gesungen, wobei Pete (profund Georg Nigl) sich eher lyrisch und weich zu präsentieren und in der Regie von Joachim Schlömer eine sanfte Figur abzugeben hat. Schlömers Arbeit ist präzise, voller Kontraste. Sie entfaltet sich in einem Bühnenbild (Jens Kilian), das versucht, den zentralen Raum um Elemente zu bereichern, die den Wechsel zwischen Realität und Kopfwelt ermöglichen und von der Hilfe des Raum schaffenden Lichts (David Finn) profitieren.
So steht man - für Theaterverhältnisse - vor eleganten Wechseln, einem sanften szenischen Fließen, das mitunter an Tempo gewinnt, sich auch ein bisschen Slapstick gönnt (das Detektivpärchen). Jene Spannung und Rätselhaftigkeit der Filmvorlage bleibt natürlich unerreicht. Aus dem Gedächtnis streichen kann man sie nun einmal leider nicht.
Viel Applaus, dennoch. Librettistin Elfriede Jelinek war nicht zugegen, um ihn zu empfangen, sie blieb in München. Zugegen war hingegen (im Publikum) Lynch-Koautor Barry Gifford, der sicher einige textliche Déj`a-vus erlebt haben dürfte.

Ljubisa Tosic

erschienen in:
Der Standard, 3.11.2003   http://derstandard.at