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Wenn der Spaß vergeht
Bernhard Langs experimentelles "Theater der Wiederholungen" bewegt als Endlosschleife der Gewalt im Steirischen Herbst.


Vom Gefängnis in die Gaskammer, von de Sade zu den Nürnberger Prozessen spannt sich der Bogen wiederholter Grausamkeiten in Bernhard Langs "Das Theater der Wiederholungen". Sein Auftragswerk für den Steirischen Herbst (koproduziert mit der Opera National de Paris und Graz 2003) feierte einen triumphalen Erfolg bei der Uraufführung in der List-Halle in Graz. Selten raubt modernes Musiktheater so den Atem wie dieses gegen den Strich gebürstete Schau- und Hörerlebnis.

In rosa Hemden, braunen Krawatten, grauen Anzügen und blonden Perücken sitzen die Interpreten vom Klangforum Wien unter der Leitung von Johannes Kalitzke dem Publikum auf der Tribüne gegenüber. Partiturenblätter werden synchron vor- und zurückgeblättert, Köpfe verdreht, Haarsträhnen gezupft. Das reizt zunächst zum Schmunzeln. Doch der Spaß vergeht bald. Wenn "ausch sch sch sch schwi schwi schwi schwitz schwitz schwitz schwitz" wie eine sich in Bewegung setzende Dampflokomotive intoniert und den Instrumenten Fliegerlärm entlockt wird, wenn gespenstisches Flüstern mit Geschmetter wechselt - als ritten Wagners Walküren durch die spannungsgeladene Klanglandschaft -, dann fährt das unter die Haut.

Um "Theater der Repetition, nicht der Repräsentation" geht es dem in Wien lebenden Komponisten Lang, um Wiederholungen, die zwar "nichts an der Geschichte, vielleicht aber etwas an der Sichtweise ändern". Der französische Choreograf Xavier Le Roy führt die in der experimentellen Inszenierung zu Darstellern avancierenden Sänger, Musiker und Tänzer bravourös. Allen voran die Sopranistinnen (Anna Maria Pammer, Jenny Renate Wicke), Bässe (Ekkehard Abele, Alfred Werner) und Countertenöre (David Cordier, Martin Wölfel), denen Höchstleistungen abverlangt werden im Szenarium der Barbarei. Die führt mit Textzitaten des Marquis de Sade von der französischen Revolution nach Amerika, zu William S. Burroughs, dem "Hieronymus Bosch der New Yorker U-Bahn".

Erinnert der europäische Auftakt in französischer Sprache an ein Requiem gequälter Seelen, in dem kurz die Marseillaise angetippt wird, steigert sich Langs Fusion von Rock, Pop, Science Fiction und elektronischen Loops im amerikanischen Mittelteil - einem Wild-West-Kaleidoskop mit Zeitlupenduellen der Orchestermitglieder - zur geschmäcklerisch überfrachteten Klimax. Emotional tief berührt das ins Nazi-Deutschland führende Finale. Da erinnern die Wiederholungen von Wörtern und Körperausdruck an zwanghafte Ticks, Gestotter und Verlegenheitsgesten bei nicht bewältigten Gräueltaten. In drei sprachlich dekonstruierten, jeweils siebenteiligen Erzählungen wird ein Rückblick aus dem 21. Jahrhundert auf den gewaltigen Berg der Unmenschlichkeit geworfen, der musikalisch mit einem Raketenstart endet.

Elisabeth Willgruber

erschienen in:
Die Presse, 06. 10. 2003