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"Theater der Wiederholungen": Seelenlose Mechanik
Eine unkonventionelle Form des Musiktheaters stellt Bernhard Lang beim "steirischen herbst" mit seinem "Theater der Wiederholungen" vor.


Schon der Bühnenaufbau in der Helmut-List-Halle stellt klar: Hier dominiert die Musik, für szenische Aktion bleibt wenig Platz. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass diese Beobachtung nicht ganz stimmt. Unter die Mitglieder des Klangforums Wien mischen sich nämlich Darsteller, die nicht musizieren. Christiane Rebet, die damit einen unpassenden Revue-Effekt erzielt, hat sie alle mit dunklen Anzügen, rosa Hemden und blonden Perücken ausstaffiert, um den Regie führenden Choreographen Xavier Le Roy dabei zu unterstützen, die Mitwirkenden zu einer Einheit zu verschmelzen.
Bescheidene Theatralik. Die Theatralik fällt bescheiden aus: Kleine Gesten werden oft wiederholt, der Dirigent sieht sich mit einem Double konfrontiert, die Akteure marschieren auf und ab. Erst im Mittelteil erhalten die Tänzer neben dem Orchester mehr Platz für ihre Bewegungen, von denen nur ein Pistolenduell klar identifizierbar ist.
Keine Illustration. Xavier Le Roy zieht sich darauf zurück, mit mechanischen Bewegungen die Konstruktion der Musik zu unterstreichen. Er versucht nicht, etwas zu erzählen. Das erscheint zielführend, denn jede Illustration dieser Beschreibungen unterschiedlicher Grausamkeiten könnte nur in unzulänglicher Peinlichkeit enden. Letztlich erweisen sich Le Roys Zutaten aber als weitgehend entbehrlich.
Drei Erzählungen. Bernhard Langs erstes abendfüllendes Musiktheater, das keine narrative Dramaturgie kennt, folgt einem präzise konstruierten Aufbau, der drei Erzählungen mit jeweils sieben Szenen spiegelsymmetrisch anordnet. Den Beginn macht eine bestialische Mordphantasie des Marquis de Sade, in der Mitte steht eine Vision der Befreiung aus den gesellschaftlichen Zwängen von William Burroughs, dem 1998 verstorbenen Vertreter der amerikanischen Beat Generation. Der Schlussteil zitiert Protokolle des Nürnberger Prozesses.
Betroffenheit soll nicht erzielt werden: Einerseits erschwert das Zerhacken die Verständlichkeit der (im Programmbuch nachlesbaren) Texte, andererseits will die Musik, die nur zwei Mal zu bruitistischen Mitteln greift, das Grauen nicht verstärken. Bernhard Lang neigt seit seinen Studien bei Ernst Topitsch und Rudolf Haller dazu, sein Komponieren philosophisch zu unterfüttern. Von der Studie "Differenz und Wiederholung" des 1995 verstorbenen Franzosen Gilles Deleuze ließ er sich zu einer gleichnamigen Werkreihe inspirieren, deren Prinzipien auch sein Auftragswerk für den "steirischen herbst" prägen. Komplexe Schleifen. Aus Schnittmusten des Wiener Avantgardefilmers Martin Arnold und der Praxis der Discjockeys, die Nadel des Plattenspielers um ein oder zwei Rillen zurück hüpfen zu lassen, leitet er Loop-Strukturen ab, die seit 1995 seine Partituren prägen. Diesen Schleifen, die komplexer gehalten sind als die Repetitionen der Minimal Music, gewinnt er eine kaleidoskopische Fülle an Klängen und Farben ab. Seine Musik, die mit einem virtuosen a-cappella-Sextett beginnt, klingt eingängig, bisweilen opulent, zitiert im amerikanischen Teil diskret Jazzstandards und Pink Floyd, und entwickelt einen Drive, den man für inadäquat halten kann, in dessen Mechanik aber seelenlose Grausamkeit steckt.
Koproduktion. Den einhelligen Premierenapplaus sicherte dieser vom "steirischen herbst" gemeinsam mit "Graz 2003" ausgerichteten Uraufführung einer Koproduktion mit der Pariser Oper nicht zuletzt die phänomenale musikalische Realisierung durch sechs exzellente Vokalsolisten, den fabelhaften Chor "les jeunes solistes" und das superbe Wiener Klangforumunter unter der souveränen Leitung von Johannes Kalitzke.

Ernst Naredi-Rainer

erschienen in:
Kleine Zeitung, 06. 10. 2003