pressespiegel              
pressebüro kontakt                
akkreditierung   
pressephotos 
pressespiegel              
pressebüro kontakt                
akkreditierung   
pressephotos 
pressespiegel              
pressebüro kontakt                
akkreditierung   
pressephotos 
pressespiegel              
pressebüro kontakt                
akkreditierung   
pressephotos 
pressespiegel              
pressebüro kontakt                
akkreditierung   
pressephotos 
Die Suche ist auf
der aktuellen Webseite
verfügbar.
Der Newsletter ist auf
der aktuellen Webseite
verfügbar.

<<  zurück

Placebo-Kleider fürs schlechte Gewissen
Globalismus - Stichwort Billiglohnländer - ist auch in der Modebranche ein großes Thema. Designerin Lisa D. hat im Auftrag von steirischem herbst und Graz 2003 die Performance "Dry Clean Show" inszeniert. Heute ist Uraufführung.


"Lohnveredelungsländer" heißen im Wirtschaftsjargon euphemistisch jene (Dritte-Welt-)Staaten, in denen Produkte extrem billig produziert werden können. Modedesignerin Lisa D. wurde in ihrer Karriere öfters gefragt, ob sie denn nicht daran denke, ihre Kollektionen, die sie seit 1984 zweimal jährlich entwirft, in solchen Billiglohnländern produzieren zu lassen. Tut sie dennoch nicht.

Die gebürtige Klagenfurterin und Wahl-Berlinerin musste am eigenen Leib im Laufe dieser fast 20 Jahre die "zunehmende Verschärfung der Produktionsbedingungen" erleben: Es ergab sich ein Preisverfall, bei dem unabhängige kleine Unternehmen, wie sie eines besitzt - das Label Lisa D. verkauft sich in zwei Shops -, kaum mehr mithalten können. Ein Thema, das durch verschärfte Globalisierungsdiskussionen und Bücher à la "No Logo" gehörig angeheizt wurde.

Auch vom steirischen herbst. Und so beauftragten dieser und Graz 2003 Lisa D. mit dem Erstellen einer "Modeperformance" - eines Genres, das sie durch Produktionen in musikalischer Zusammenarbeit mit Wolfgang Mitterer mitgeprägt hat. Dry Clean Show nennt sich nun das abendfüllende Elaborat, welches morgen in der Helmut-List-Halle Uraufführung feiert und laut Lisa D. "die eigene erlebte Wut kreativ umarbeitet".

Mitterer ist allerdings nicht mehr dabei. "Sehr schade", ist alles was Lisa D. dazu sagt, stattdessen kommt das deutsche Ensemble Zeitkratzer. Zwei Sänger davon übernehmen den Part der beiden singenden CEOs von "C. C. Wear", einem der drei von Lisa D.s fingierten Unternehmen. "Die Firmen treten zu einer Mischung aus religiöser Messe und Verkaufsmesse an, stellen ihr Konzept vor, vom Logo bis zur Show." Die Vorstände singen etwa von Flüchtlingen, die von der Firma in einem Lager fit gehalten werden. Deren Kleider - getränkt mit dem Schweiß des Krieges und des Abenteuers - verkaufen sich in der ersten Welt. Und, so Lisa D., "der Konsument hat das Gefühl, durch den Erwerb etwas Gutes zu tun".

Wie kann man den Kontrast von glamouröser Westweltmode und dem Leid der Ausgebeuteten überhaupt darstellen, ohne dass daraus eine moralinsaure politische Korrektheitsoper entsteht? Nur mit Hyperzynismus. "Alles auf die Spitze treiben", sagt Lisa D. im Gespräch mit dem STANDARD: "Das ist gar nicht einfach. Bei manchen tatsächlich existenten Dingen dachten wir, gemeiner geht es nicht mehr. Und dann haben wir noch etwas viel Ärgeres gelesen."

Die erste Pseudofirma macht Behindertenprothesen im Sneakerdesign hip; die Choreografin Milli Bitterli hat mit 10 Personen ein Verarbeitungskonzept "ertanzt". Während hier Körper aktiv gestalten, agieren die Körper der Models bei der Firma "Global Concern" als perfekte Hülle, erklärt Lisa D. Das Erschreckende dabei sei die Tatsache, dass die Schönheit alles überstrahle, der perfekte Modelkörper hebe die Kritik auf. In Handarbeit, die in Dritte-Welt-Ländern praktisch nichts kostet, fertigte sie mit hiesigen Näherinnen, Häklerinnen und Stickern in 11.000 Stunden etwa einen Tablettenmantel aus 70.000 Placebos. "Das Begehren löscht politische Aussagen aus", stellte die Modedesignerin fest, erst auf den fünften Blick nehme man mehr war.

Würde sich Lisa D. einverleiben lassen von Konzernen, die gerne besonders kritische Ideen gleich aufschnupfen? Das glaube sie nicht.

Doris Krumpl

erschienen in:
Der Standard, 21.11.2003