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Steirischer Herbst: Bügelwasser gegen den Durst
"(wilde) - der mann mit den traurigen augen", das zweite Bühnenstück von Händl Klaus, wurde beim "steirischen herbst" uraufgeführt.


Gregor Schneider, Biennale-Preisträger 2001 in Venedig, hat in jahrelanger Arbeit ein Mehrfamilienhaus bei Mönchengladbach zum Kunstwerk transformiert. Sein Opus magnum bricht jede Logik der Architektur und führt in abgründige Räume. Für Händl Klaus ist Schneider ein Bruder im Verwandlungsgeiste. Der Tiroler Autor holte sich für "wilde - der mann mit den traurigen augen", uraufgeführt im Orpheum Graz, die Inspiration von den Baumetamorphosen des deutschen Künstlers.

Grausliches Familienidyll. Gunter, ein Pulmologe, steigt bei seiner Rückreise von einem Einsatz in Moldawien vor seinem Zielort aus dem Zug. Neumünster an der Lau heißt seine Station so trügerisch hübsch. Doch die Stadt im Irgendwo ist kontaminiert von Stille, Hitze, Angst, Gewalt. Die Zwillingsbrüder Emil und Hanno zwingen ihm ihre Gastfreundschaft auf. Nichts scheint rechtens in Neumünster, der stumme Vater reicht ihm sogar die Linke zum Händeschütteln und lässt ihn nicht mehr los. Zu essen gibt es Katzen, zu trinken bloß Bügelwasser. Und doch bleibt Gunter. Die Schwester befreit er (wie John Travolta Uma Thurman in "Pulp Fiction") mit einer Notfallpunktion in die Lunge von ihrem Pneumothorax. Aufatmen. Aus dem aschfahlen Mädchen lodert so etwas wie Liebe. Als einer der Zwillinge verschwindet, wird Gunter Teil des grauslichen Familienidylls.

So weit, so irreal. Händl tat gut daran, die Regie nicht wie im "herbst" 2001 bei "Ich ersehne die Alpen" in die eigenen Hände zu legen. Sebastian Nübling, begehrte Theaterpranke aus Deutschland, hat aus dem Werk, dem man eine kleine Zukunft prophezeien darf, ein unter die Haut gehendes Vexierspiel gezaubert. Mitgezaubert haben Muriel Gerstner (Bühne, Kostüm), die eine Schließfächerkolonne raffiniert als Requisitendepot, Paravent, Labyrinth, Ausgang instrumentalisierte, und Lars Wittershagen, dessen Musik geschickt zwischen Spieluhrlieblichkeit und Thrillerflimmern changierte.

Vom System inhaliert. Die "wilden" leben vor allem aber auch vom famosen Quintett des koproduzierenden "schauspielhannover", allen voran Bruno Cathomas: Als Gunter zeigt er faszinierend, wie sich ein irrlichternder Mensch von einem bedrohlichen System inhalieren lässt und nicht weiß warum.

Offene Fragen. Das Warum bleibt auch Kern von Händls Stück. Seinem Vorbild Schneider wird nachgesagt, er interessiere sich mehr für Fragestellungen als Antworten. Dass bei den "wilden" vielen Fragen offen bleiben, evoziert zwei weitere: Ist das die Stärke des Stücks? Oder doch eher die Schwäche?

Michael Tschida

erschienen in:
Kleine Zeitung, 22.09.2003