Was immer als Musik erklingt, ist, sobald es erklungen ist, auch schon Vergangenheit – eine Vergangenheit, die sich nicht in Gegenwart und Zukunft verwandeln kann, wenn sie nicht rückerinnert wird.
Als Zeitkunst par excellence kennt die Musik diese Leistung und die Verfahren, welche sie zuwege bringen, in all ihren Graden, von der wörtlichen Wiederholung bis hinab zu subkutanen Spuren des Vergangenen, die kaum über die Schwelle des Bewußtseins treten und auf die erst analytische Einsicht am Notentext präzis zu weisen vermag. Was wir Erinnerung nennen, ist ja nichts Einfaches, Einheitliches. So verwenden wir das Wort zum einen für den verfügenden Zugriff aufs Frühere, welches nach Willen zurückgeholt werden kann. Die mémoire volontaire hat ihre Inhalte inventarisiert wie ein Sammler seine Andenken. Die Funde der mémoire involontaire hingegen entziehen sich solchem willentlichen Zugriff. Wir stoßen auf sie, da sie in uns aufsteigen. Philosophie und Literatur haben seit einem Jahrhundert, seit Bergson und Proust, Unterscheidungen dieser Art entfaltet. Dem Nachdenken über Musik steht noch bevor, sie im Verstehen der Werke als komponierter Texte einerseits sowie als erst im Spielen und Hören realisierter Klänge andererseits zu erproben, fruchtbar zu machen und wohl auch zu modifizieren.
ReferentInnen Moritz Csáky (A), Andreas Dorschel (A),
Peter Franklin (GB), Anselm Gerhard (CH), Georg Friedrich Haas (A), Harald Haslmayr (A), Adreas Haug (D), Hans-Joachim Hinrichsen (CH), Laurenz Lütteken (CH), Isabel Mundry (CH), Nicole Schwindt (D), László Vikárius (H), Michael Walter (A), Aaron Williamon (GB)
Publikation Studien zur Wertungsforschung, Bd. 47
Veranstalter Universität für Musik und darstellende Kunst Graz,
Institut für Wertungsforschung
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