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Rudern gegen den Mainstream
FESTIVAL Der steirische herbst und Peter Oswald ziehen Bilanz.


Bemüht sachlich stellt Kurt Jungwirth fest, dass nun der dreißigste steirische herbst unter seinem Präsidium zu Ende gehe.Dass ab 1. Jänner 2006 der herbst als GesmbH und mit einer neuen Intendantin weitergeführt wird. Dass er in dem Aufsichtsratgremium der neuen Gesellschaft keinen Platz mehr einnehmen wird, sagt er nicht dazu. Zugleich ist diese Abschlusspressekonferenz des diesjährigen steirischen herbstes auch der Abschluss der sechsjährigen Intendanz von Peter Oswald. Ihm bescheinigt Jungwirth, dass „das Rudern gegen den Mainstream“ dessen Markenzeichen gewesen sei. So herrscht Abschiedsstimmung, auch wenn Oswald auch jetzt nicht müde wird, zu wiederholen, dass dieses Festival „rasend wichtig“ sei, dem Land und der Stadt erst „das“ internationale Kulturprofil gebe, was freilich hierorts oft nicht so wahrgenommen werde. Die Ära des fünften Intendanten des Festivals endet so stiller und weniger beachtet, als sie es angesichts der Gesamtbilanz verdient hätte. Das liegt sicher auch daran, dass derzeit die zwei wichtigsten kulturpolitischen Positionen in Stadt und Land mit absoluten Neulingen besetzt sind.Ihnen kann man dringend einige ruhige Stunden anraten, in denen sie dann „das herbstbuch der bilder 2000 bis 2006“ studieren können, um einen Eindruck davon zu bekommen, was sie bislang alles nicht gesehen und gehört haben. Dieses Buch mit dem Titel „im spiegel“ ist soeben im Leykam Verlag erschienen und lebt vor allem von den Fotos von A.T. Schaefer. Der deutsche Fotograf hat die Produktionen der letzten sechs Festivals auf ihre Stimmungen hin abgelichtet und auch noch den heurigen herbst integrieren können. Worauf Oswald stolz ist, was für ihn wichtig war, ist „der Versuch, neue Formen des Musiktheaters jenseits der jetzt gängigen Literaturvertonungen zu finden.

Dass er damit immer wieder sperrige, die Zuseher und Zuhörer äußerst fordernde Produktionen ermöglicht hat, kann er ebenso verbuchen wie die Tatsache, dass es seiner euphorischen Vermittlertätigkeit immer wieder gelang, anspruchsvolle Stücke in vollen Hallen einem interessierten, oft auch begeisterten Publikum nahe zu bringen und diese Produktionen durch internationale Kooperationen auch anderweitig zu präsentieren. Das ist ihm tatsächlich in seinen herbsten gelungen: „The Long Rain“ (2000), „Lost Highway“ (2003) und „... ce qui arrive“ (2004) von Olga Neuwirth, „Begehren“ von Beat Furrer und „Macbeth“ von Salvatore Sciarrino (2002), „Insideout“ von Sasha Waltz und Rebecca Saunders sowie „Das Theater der Wiederholungen“ von Bernhard Lang (2003), und heuer die „Stadtoper“ von Peter Ablinger gehören dazu.
Die andere Schiene, die Oswald ausdrücklich erwähnt:Autorinnen und Autoren optimale Möglichkeiten gegeben zu haben, ihre Stücke zu präsentieren. Von bekannten wie Jelinek, Bauer und Jonke bis zu den Newcomern wie Händl Klaus, Kathrin Röggla oder Gerhild Steinbuch. Das hätte er auch heuer gerne weitergeführt, aber da kam ihm der Sparstift dazwischen. Zur Helmut-List-Halle, die ihn finanziell ins Out gedrängt und schließlich zur vorzeitigen Aufgabe gebracht hat, steht er nach wie vor: Ein Konzept, wie man mit einem Gergiev-Festival, mit neuer, zeitgenössischer Musik das Haus beleben könne, verstaube derzeit in sehr vielen Schubladen. •

Johannes Frankfurter

erschienen in:
Falter, Nr.44/05, vom 4. 11.   www.falter.at