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Kunst ohne Provokation
Mit einem sehr ruhig gewordenen "steirischen herbst" verabschiedet sich Intendant Peter Oswald. Seine Ära ist nun in einem Hochglanz-Buch verewigt


Jubeltöne, Eigenlob und Selbstbehauptungen zum Abschluss: Der "steirische herbst" sei stets gegen den Strom, gegen den Mainstream, dieses verhüllende neue Wort für die Diktatur des Kapitals geschwommen und stelle das große kulturelle Markenzeichen der Stadt Graz und der Steiermark dar, erklärte der scheidende "herbst"-Präsident Kurt Jungwirth in einer Bilanzpressekonferenz am Freitag.

Das letzte Festival in der Intendanz von Peter Oswald geht am Sonntag zu Ende, heute, Samstag, stehen unter dem Motto "fin de partie" ein Abschlusskonzert, ein Fest sowie die Präsentation des "herbstbuches im spiegel" auf dem Programm. Auf 239 Seiten hat der Stuttgarter Fotokünstler A. T. Schaefer wichtige Projekte aus der Intendanz Oswalds in der für ihn typischen Bildsprache dokumentiert. Auszüge aus den Eröffnungsreden der vergangenen sechs Jahre, Kuratorentexte sowie Pressekritiken ergänzen das in Leinen gebundene Hochglanzwerk, das laut Peter Oswald "nicht der Repräsentation, nicht dem eigenen Abfeiern dienen soll", sondern als "visuelle Zusammenschau" und "ästhetische Wandelgalerie" gedacht sei.

Der Intendant, dessen Festival heuer unspektakulär und für viele jenseits der Wahrnehmungsgrenze verlaufen ist, bezeichnete den "herbst" als "rasend wichtiges Festival, das in periodischen Schwingungen wieder krank gejammert" werde. Dem Vorwurf, zu ruhig, zu wenig aufmüpfig geworden zu sein, entgegnete der Intendant, dass die Kraft der permanenten Provokation heute in die Medienbranche und in die Unterhaltungsindustrie abgewandert sei: "Das tut mir sehr leid, ist aber eine Tatsache, mit der jeder Festivalchef umzugehen hat."

In einem Rückblick auf seine Amtszeit hob Oswald "den Versuch, neue Formen des Musiktheaters" jenseits der Literaturoper zu finden, besonders hervor. Mit Produktionen wie "white foam" von Wolfgang Mitterer über Beat Furrers "Begehren" bis zur "Stadtoper" von Peter Ablinger im "herbst" 2005 hatte Oswald starke Akzente für ein innovatives Musiktheater gesetzt. In seinem Abschiedsjahr hätte er gerne noch jungen Autoren ein "starkes Podium" gegeben und "politische Befragungen durch bildende Kunst" realisiert. Budgetäre Begrenzungen hätten diese Pläne aber verhindert.

Wie berichtet, ist der "steirische herbst" durch die für Musiktheater prädestinierte "List-Halle" in arge finanzielle Turbulenzen geraten. In den vergangenen beiden Jahren regierte der Rotstift das künstlerische Programm. Er bereue sein Engagement für die mittlerweile auch in der Kulturpolitik umstrittene Halle nicht, betonte Peter Oswald am Freitag. Für die Zukunft regte er an, das exklusive und in der Erhaltung immens kostspielige Gebäude "nicht als repräsentativen Raum", sondern als "Labor für das Neue und Unverbrauchte" zu nutzen.

Nach internen Erhebungen sind bei den 200 Einzelveranstaltungen des heurigen "steirischen herbstes", der unter dem Motto "polis on display" stand, knapp 105.000 Besucher gezählt worden. Dies seien um 6000 mehr als im Vorjahr.

Peter Oswald gibt die Intendanz nun an Veronika Kaup-Hasler, eine zuletzt in Deutschland tätige Theaterfachfrau mit österreichischen Wurzeln, weiter.

In seinem "herbstbuch"-Text bezeichnet Oswald das Grazer Zeiterkundungsfestival als "utopisches Eiland inmitten von nicht nur steirischen Gewässern". Die Bildergalerie wiederum sei eine "Sammlung markanter Wegmarken - dorthin, wo die Utopie Kunst konkret zu werden vermag".

© SN.

SN . - m.b.

erschienen in:
Salzburger Nachrichten, 29. 10. 2005