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Socken an der Wand
Performance mit virtuellen Stadtplänen: "mnemonic nonstop".


Bei Stadtplänen assoziiert man Reisen, Ansichtskarten, Fotos, Souvenirs. Diesmal auch T-Shirts und Socken, die an der Wand drapiert dem Publikum im Grazer Kristallwerk den Weg zur globalen Bühnen-Route weisen. Sie verläuft "mnemonic nonstop", von Berlin, dem Wohnort der Tänzer Martin Nachbar und Jochen Roller, über Tel Aviv, Brüssel und Zagreb nach Graz. Städte mit Geschichten, nicht aus Reiseführern, sondern Bildern, die sich als Erinnerung eingeprägt, Assoziationen, Déjà-vus geweckt haben. Wie der Jux-Wurf des Pausenbrots über die Berliner Mauer in Richtung DDR-Grenzer. Später ein ähnlicher Streich mit einem Sandwich in Tel Aviv, das im Maul eines Pferdes berittener Araber landete.
Projizierte Folien, Licht, Musik (unterstützt von Marek Lamprecht) und tänzerisch ausgeklügelte Akzente runden das "kartographische Duett" ab. Neben partiell deckungsgleichen Stadtkarten auf der Leinwand wird die "Gravur der Karte" zur "Gravur des Körpers". Umrandete Fußspuren im Sand gleichen Länderumrissen, urbane Ansichten vom menschlichen Kreislauf mit Straßen wie Adernnetzen rund um Organe. Nicht zuletzt inspiriert urbane Atmosphäre künstlerische Entfaltung. Da ist der Dichter, der durch die Stadt läuft, um zu schreiben. Kernaussage am Laufband: "Sehen ist grundlegend für den Flaneur. Er schreibt seine Träumerei als Text zu den Bildern." In der von der Hamburger Soziologin und Tanzwissenschaftlerin Gabriele Klein kuratierten Performance-Reihe "Bodies - Cities - Subjects" sticht diese Uraufführung hervor. Nachbar und Roller lüften mittels Stadtplänen Leben als "Choreo-Graphie" im kinetischen Logbuch von Schicksalen und Stimmungen. Gewitzt, poetisch, mit diffizilen Tanzfiguren als Marginalien im Gesamtkunstwerk. Moderner Bewegungsausdruck gelangt nur mittels benachbarter Sparten zu reifer Kunstform. Ein "herbst"-Happening.  

VON ELISABETH WILLGRUBER

erschienen in:
Die Presse, 18.10.2005